Otto Piene (1928 -2014) | Zwei Ausstellungen und eine letzte Begegnung in Berlin

Otto Piene (1928 -2014) | Zwei Ausstellungen und eine letzte Begegnung in Berlin

 

Am frühen Abend des 16.7.2014 eröffnete Otto Piene persönlich die Ausstellung seiner frühen Werke von 1952 -1975 in der Kunsthalle der Deutschen Bank in Berlin. Als er zum Mikrofon geführt wurde, wirkte er sehr gebrechlich, kaum stand er am Rednerpult , war davon nichts mehr zu spüren. Piene bedankte sich bewegt und mit freundlichen Worten bei den Veranstaltern und dem zahlreichen, erlesenen Eröffnungspublikum und gab seiner großen Freude Ausdruck, dass er an einem Abend zwei Ausstellungen wichtiger Teile seines Lebenswerkes eröffnen durfte. Er lobte die beispielhafte Kooperation der Deutschen Bank und Neuen Nationalgalerie, die es möglich machte, der Öffentlichkeit ein breites Spektrum seines frühen künstlerischen Schaffens zu präsentieren. Um 22.00 Uhr des selben Tages stand er in der Neuen Nationalgalerie erneut am Mikrofon und eröffnete sein multimediales Farben- und Lichtspektakel, das 1964 erstmals unter der Überschrift „The Proliferation of Sun“ aufgeführt wurde.

 

Ich hatte Gelegenheit, mich danach mit Piene kurz zu unterhalten und ihm Grüße von befreundeten Galeristen und alten Freunden auszurichten. Er war bester Laune, erinnerte sich an frühere Begegnungen und brachte zum Ausdruck, wie sehr er sich über diese beiden Ausstellungen in Berlin freute und wie wichtig sie ihm waren.

 

Umso größer war der Schock, als ich erfuhr, dass Piene einen Tag später, mitten in den Vorbereitungen für ein weiteres Skyevent, plötzlich und völlig unerwartet verstarb. Kann Freude auch tödlich sein? Die beiden Berliner Ausstellungen sind somit auch ein Vermächtnis des großartigen Künstlers und Gründers der weltberühmten ZERO-Gruppe.

 

In der begleitenden Kunstzeitung zu den Berliner Ausstellungen wird er wie folgt gewürdigt:

„Rauch, Dampf, Feuer, Licht, Luft, Helium – Otto Piene kollaborierte mit allen Elementen. Seine Kunst unterliegt keinen Festlegungen, weder räumlich noch zeitlich. Von klassischer Malerei und Skulptur hatte sich Otto Piene schon früh verabschiedet. Stattdessen wurde er Forscher, Pionier, Projekt-Entwickler und vor allem ein ständiger Grenz-Erweiterer. Seiner Zeit war er oft weit voraus. Die Expansion der Künste in den realen Raum, in die Stadt, in die Natur – viele dieser richtungsweisenden Entwicklungen von 1960 bis heute verdanken wir Otto Piene.“

 

In der nachfolgenden Fotogalerie versuche ich dem Betrachter zunächst einen Eindruck von der Ausstellung in der Kunsthalle der Deutschen Bank zu vermitteln. Dort stehen seine frühen Feuer- und Rauchbilder im Mittelpunkt, ebenso seine Lichtinstallationen, zu denen er sagte: „das Licht malt“ – das rotierende Licht, das aus gelöcherten Kugeln und Quadern strahlt, schafft an den Wänden flüchtige Kunst.

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In der Neuen Nationalgalerie wird jede Nacht zwischen 22.00 und 3.00 Uhr Pienes Dia-Performance „Die Sonne kommt näher“ aus dem Jahr 1964 wieder aufgeführt. Er hatte damals über 1000 Dias vielfarbig bemalt und danach in den Raum projeziert. Mit Hilfe moderner digitaler Technik ist daraus heute ein faszinierendes Licht- , Farben- und Tonspektakel geworden, in dem sich das Publikum staunend bewegt und so Teil des Kunstwerks wird. Als Zugabe hört man die Stimme Pienes mit seinen Originalanweisungen an die Techniker des Events in den 60 ger Jahren.

 

Die FAZ schreibt anlässlich des Todes von Otto Piene, dass er Berlin in der gläsernen Halle der neuen Nationalgalerie „das schönste Kunstwerk des Sommers beschert habe, einen Ort, der schon einen Tag nach seiner Eröffnung zu einem geradezu magischen Treffpunkt geworden ist.“ Dem habe ich nichts hinzuzufügen, außer dass die beiden Piene-Ausstellungen, die bis 31. August gezeigt werden, allein eine Reise nach Berlin wert sind.

 

Klaus Weidner Berlin, Juli 2014

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